Ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung setzt auf eine nachhaltige Lebensweise. Während wir dabei in der Regel als erstes an Elektromobilität, Solaranlagen auf dem Hausdach und das Thema Recycling denken, kommt das Thema bei der Veranlagung zu kurz. Fehlende Information auf der einen Seite und ein unzureichendes Angebot auf der anderen führen dazu, dass Nachhaltigkeit bei der Geldanlage oftmals nicht oder nur mangelhaft umgesetzt wird. Dabei ist die Veranlagung als CO2-Emittent nicht zu unterschätzen: In der Schweiz liegt der CO2-Ausstoß durch die Veranlagung über jener der Wirtschaft und privaten Haushalte zusammen! Häufig geben sich Anleger noch mit Ausschlusskriterien – es werden z.B. Themen wie Alkohol, Tabak oder Rüstung ausgeschlossen – zufrieden. Dabei steckt hinter nachhaltigem und achtsamem Investieren sehr viel mehr als nur der Verzicht auf einige Branchen. Nachfolgend wollen wir Ihnen das „Wie“ und „Warum“ des achtsamen Investierens näherbringen und Sie mit einigen Begriffen vertraut machen.
ESG als Kernkonzept
Zu den Kernkonzepten des nachhaltigen Investierens zählen die so genannten „ESG“-Kriterien. ESG steht für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (E – Environment, S – Social, G – Governance) und nimmt Bezug auf den Umgang eines Unternehmens mit diesen drei Kernpunkten. Dabei werden Finanzprodukte oder Unternehmen über Branchen hinweg von Ratingagenturen wie MSCI ESG Research, welche als Marktführer in diesem Bereich agieren, bewertet. Im Gegensatz zu Finanzkennzahlen werden dabei Themen wie beispielsweise CO2-Emissionen, Mitarbeiterfluktuation oder Stimmrechtsverteilung bei der Generalversammlung berücksichtigt und fließen in die Rating-Scores mit ein.
Die wachsende Bedeutung wird durch die Nachfrage nach ESG-Research verdeutlicht. Die Dienstleistung von MSCI wird inzwischen von fast 1.000 Kunden mit einem Vermögen von über 4 Billionen Euro in Anspruch genommen, u.a. auch von uns, der Volksbank Vorarlberg. Während uns im Aktienbereich dadurch zu mehr als 7.500 börsennotierten Unternehmen ESG-Ratings und detaillierte Analysen zur Verfügung stehen, können aufgetretene Kontroversen zu mehr als 9.000 Unternehmen abgerufen werden. Zusätzlich besitzen wir für 8.300 Anleihenemittenten, welche mit 393.000 Anleihenpapieren in Verbindung stehen, ESG-Rating-Reports. Dieses breite Universum ermöglicht uns tiefe und umfassende Einblicke in die Unternehmen.
Funktionsweise des ESG-Researchs
Das große Plus des ESG-Ratings im Vergleich zu traditionellen Nachhaltigkeitsratings ist, dass nur jene Faktoren in die ESG-Analyse einfließen, die für das Unternehmen oder die Branche materiell sind. Eine Solaranlage auf dem Fabrikgebäude eines Autoherstellers macht zwar aus ökologischen Gesichtspunkten Sinn und zeigt Engagement der Umwelt gegenüber, hat aber nur geringfügig Einfluss auf die Nachhaltigkeit des gesamten Unternehmens und seine Produkte. Hingegen werden Themen wie Produktsicherheit oder Flottenverbrauch deutlich stärker gewichtet. Durch die selektive Wahl von materiellen Schlüsselthemen, auch „Key Issues“ genannt, wird eine Verwässerung der Aussagekraft des ESG-Ratings verhindert. MSCI hat hierfür 37 Themen definiert, wobei gewöhnlich pro Branche drei bis sieben der Schlüsselpunkte festgelegt werden.
Quelle: MSCI ESG-Research
Nach der Identifikation der anzuwendenden Key Issues wird deren Gewichtung zur Ermittlung des ESG-Scores festgelegt. In diesem Prozess spielt die potenzielle Auswirkung auf Umwelt und Gesellschaft auf der einen Seite, sowie die zeitliche Relevanz der Thematik auf der anderen, eine große Rolle.
Die Liste der Kernthemen wird stetig angepasst. So wurde beispielsweise erst kürzlich aufgrund der steigenden Relevanz des Themas Steuertransparenz das Key Issue „Tax Transparancy“ in der Governance-Säule eingeführt. Zusätzlich zu der Bewertung der Schlüsselthemen erfolgt eine Betrachtung von Risiko- und Management-Kennzahlen. Dazu werden zum einen 80 Kennzahlen zu branchenspezifischen und geografischen Risiken analysiert und zum anderen 129 Kennzahlen auf Basis von Richtlinien, Programmen und Performancedaten mit einbezogen. Am Ende der Analyse des ESG-Chancen-Risiko-Verhältnisses steht dann ein ESG-Score, welcher in Letter-Ratings von AAA bis CCC analog zu den klassischen Kreditratings umgemünzt werden kann. Die bewerteten Unternehmen sind somit branchenübergreifend vergleichbar.
Quelle: MSCI ESG-Research
Ein Blick über den Tellerrand bringt klare Vorteile
Die Berücksichtigung von ESG-Ratings bringt dem Anleger zahlreiche Vorteile, da nicht nur Finanzkennzahlen von Unternehmen deren Kurse steigen oder fallen lassen können. Der Abgasskandal von VW und das Öldesaster von BP sind nur zwei von vielen „weichen“ Themen, die großen Einfluss auf den Aktienkurs hatten. Hier zeigt die ESG-Integration neben der klassischen Finanzanalyse für die Anlageentscheidung seine Bedeutung und liefert zusätzliche, wertvolle Informationen. Dadurch können, wie diese Beispiele zeigen, erhebliche Verluste vermieden werden. MSCI konnte beispielsweise lange vor dem VW-Dieselskandal schwerwiegende Mängel bei der Unternehmensführung feststellen. Ungenügende interne Kontrollmechanismen, die Eigentümerstruktur sowie die Zusammensetzung des Aufsichtsrates waren dabei Warnsignale, die mit einer ESG-Analyse erkannt werden konnten. VW wies deshalb bereits vor dem Skandal unter allen europäischen Autobauern das schlechteste ESG-Rating auf. Aus dem MSCI ACWI ESG Index wurde das Unternehmen bereits im Mai 2015 ausgeschlossen.
Neben der Vermeidung von Verlusten bei Extremereignissen zeigt eine Vielzahl von Studien bereits, dass eine fundierte ESG-Integration in der Vergangenheit Mehrwert generieren konnte. Eine Gegenüberstellung des MSCI AC World ESG Index und des MSCI AC World Index zeigt, dass der Index mit ESG-Integration seit September 2007 eine höhere Rendite als der Vergleichsindex erzielen konnte:
Quelle: MSCI ESG-Research
Dass eine Integration der ESG-Analyse in den Titelauswahlprozess auch auf der Anleihenseite Vorteile bringt, zeigt eine Studie von Barclays. Ein Vergleich von Anleihenportfolios mit niedrigen und hohen ESG-Scores zeigte eine um jährlich 0,42 % bessere Performance der ESG-Outperformer. Wie eine weitere Studie zeigt, sind Unternehmen mit guten ESG-Ratings auch weniger von Abstufungen der Kreditratings betroffen. Dabei spielt vor allem die ESG-Säule „Governance“ eine bedeutende Rolle im Zusammenspiel von Unternehmensführung und Finanzperformance.
Die Vorteile einer vollumfassenden ESG-Integration in alle Anlageentscheidungen überwiegen somit deutlich die wenigen Nachteile. Im Sinne der Performance und des guten Gewissens auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, wie auch ihr Portfolio von einer nachhaltigen Ausrichtung profitieren kann, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
Quelle: MSCI ESG Research