Gestern vor genau 20 Jahren startete das Börsensegment „Neuer Markt“ der Deutschen Börse mit gerade einmal zwei Werten. Das New-Economy-Segment beherrschte plötzlich Stammtischdiskussionen und sorgte im deutschsprachigen Raum für einen noch nie dagewesenen Börsenboom. Im Jahr 2003, nach sieben Jahren voller blinder Gier, irren Kursbewegungen und totalen Pleiten beerdigte die Deutsche Börse das Segment wieder. Die Auswirkungen sind aber bis heute sichtbar.
Die damals vorherrschende Goldgräberstimmung war in Deutschland und Österreich vermutlich einzigartig: Die Kursentwicklungen von Aktien wie EM.TV und Intershop waren plötzlich Thema jedes Pausengesprächs, die Zahl der Aktionäre in Deutschland verdoppelte sich auf ein Allzeithoch von 13 Millionen und Begriffe wie „Daytrading“ und „Zeichnung“ erreichten den abendlichen Wirthaus-Stammtisch. Der Neue Markt schaffte etwas, woran Generationen vorher und seitdem scheiterten: Die Geldanlage in Aktien gesellschaftsfähig zu machen. Nach dem Anstieg in den ersten Jahren mit einem Kursplus von über 1.600 Prozent und grenzenloser Euphorie folgte die große Depression mit einem kompletten Zusammenbruch und einem Minus von über 95 %. 2003 schloß die Deutsche Börse das Segment „Neuer Markt“ frühzeitig und damit auch gleich die Aktienkultur: Die Anzahl der Aktionäre im deutschsprachigen Raum fällt seither konstant – und dies trotz Niedrigzinsen, Bevölkerungswachstum und Anlagenotstand. Vielen hat das Platzen der „Dotcom-Blase“ so weh getan, dass sie dem Aktienmarkt bis heute ferngeblieben sind.
Dabei zeigt ein Blick auf die aktuellen Kurszettel, was Sparern seither entgeht: Wer 1997 1.000,- Euro in die zwei Werte des Neuen Marktes investiert hätte, könnte sich heute inkl. Dividenden bereits über 12.500,- Euro freuen. Auch wenn man bei der Schließung des Neuen Marktes in die 50 größten, übriggebliebenen Unternehmen investiert hätte, hätte man den breiten DAX seither um fast das Doppelte übertroffen. Rückwirkend war vielleicht vieles, aber doch nicht alles schlecht am Neuen Markt. Es ist Zeit, die Grundhaltung gegenüber Aktien zu überdenken und das Aktienfieber neu zu entfachen.