Es waren Sätze, welche die Märkte merklich beeindruckten und Milliarden an Unternehmenswerten vernichteten: Der Chef der US-Notenbank FED, Jerome Powell, schickte mit seiner Aussage, dass das Zinsniveau die Konjunktur noch unterstütze, aber die Zinsen unter Umständen auch über das „Neutralniveau“ steigen könnten, sowohl Aktien- als auch Anleihenkurse auf Talfahrt. So kletterte die Rendite für 10-jährige US-Staatsanleihen auf über 3,2 % und damit auf den höchsten Wert seit 2011.
Die Marktteilnehmer sind vor allem verunsichert, weil der Fed-Chef erstmals durchklingen hat lassen, dass die US-Leitzinsen auch über das Neutralniveau angehoben werden könnten. Dies liegt laut Schätzungen bei rund 3,0 % und das aktuelle Zinsniveau mit 2,0 bis 2,5 % noch deutlich darunter. Doch alleine die Aussicht, dass dies einmal passieren könnte, versetzte viele Marktteilnehmer in Schockstarre. Dabei mehren sich seit Monaten die Anzeichen, dass die Marktteilnehmer die FED unterschätzen: Während die Zinserwartung der Währungshüter für 2021 bei 3,4 % liegt, wird an den Märkten nach 2019 keine Zinserhöhung mehr eingepreist. Auch liegt die Erwartung mit unter 3 % deutlich geringer. Folglich darf es nicht überraschen, dass die Anpassung der Zinsmeinung zu entsprechenden Reaktionen an den Märkten führt: Je höher das Zinsniveau, umso höher die Diskontierungssätze für zukünftige Cash Flows der Unternehmen und umso niedriger die Unternehmenswerte. Wenig verwunderlich ist auch, dass Technologie-Werte mit einer erhöhten Anzahl an unsicheren Cashflows am stärksten von den Bewertungskorrekturen betroffen sind.
Nichtsdestotrotz sollte die Angst vor steigenden Zinsen Anleger nicht allzu sehr verunsichern. Nach Jahren der expansiven Geldpolitik werden die Notenbanken sicherlich eher zu lange an der Politik des lockeren Geldes festhalten, als den Abschwung frühzeitig abzuwürgen. Gleichzeitig greifen geldpolitische Maßnahmen meist mit einer Verzögerung von rund 18 Monaten, d.h. die realwirtschaftlichen Effekte sollten erst deutlich später eintreffen. Und so sollte folglich auch der Nachsatz von Herrn Powell in seiner Rede nicht vergessen werden: „Aktuell sind wir wahrscheinlich noch weit von diesem Punkt (Anm.: dem Neutralzinssatz) entfernt“.