Zwei Jahre ist es her, als der österreichische Staat das niedrige Zinsniveau nutzte und eine 100-jährige Anleihe emittierte. Der Bond mit einem Volumen von 3,5 Milliarden bot dabei Investoren eine Rendite von 2,1 % pro Jahr – viele Anleger belächelten die Zeichner damals angesichts der niedrigen Rendite. Heute hat sich das Blatt gewendet: Mit einer Performance von 70 % heuer sind nicht die Aktien von Amazon, Microsoft oder andere Tech-Unternehmen die Börsenstars, sondern die österreichische Staatsanleihe mit 100-jähriger Laufzeit! Wer die Anleihe bei der jüngsten Aufstockung gezeichnet hat, erhält für die restliche Laufzeit nur mehr eine jährliche Rendite von 1,2 % – angesichts von Steuern sowie einer Inflationsrate von derzeit 1,4 % ist ein realer Kapitalverlust beinahe garantiert.
Warum also sind diese Anleihen trotz der bescheidenen Renditeaussichten so stark gefragt? Die Antwort ist einfach – Anleger implizieren derzeit ein nahendes Abrutschen der Weltwirtschaft in eine länger anhaltende Rezession und entsprechend langfristig niedrige Zinsen. Vor allem die Tatsache, dass die Zinskurve in den USA invertiert ist, wird dabei als sicheres Indiz für eine Rezession gehandelt. Andere Frühindikatoren deuten hingegen darauf hin, dass die Weltwirtschaft aktuell ihren Boden findet: Exportländer wie Taiwan legen derzeit stark zu, die Geldmenge in Europa steigt an und in China zeigen die staatlichen Konjunkturprogramme Wirkung und das Kreditwachstum nimmt zu. Anleger sollten also vorsichtig mit ihren Wetten auf ein „Weltuntergangsszenario“ an den Anleihenmärkten sein. Immerhin sind die Risiken bei diesen sogenannten „Methusalem“-Anleihen nicht zu vernachlässigen: Selbst, wenn die Zinsen bzw. Renditen nur leicht um 1 % ansteigen, drohen Anlegern von Papieren mit solch extremen Laufzeiten Kursverluste von mehr als 50 %.
Wer also vor der Herausforderung steht, langfristig Geld anzulegen, für den bleiben Aktien aktuell alternativlos. So liegt z.B. in den USA die Dividendenrendite der US-Unternehmen derzeit rund 0,4 % höher als die Rendite auf 10-jährige Staatsanleihen. Da die Renditen für langfristige Anleihen in Österreich noch um ein Vielfaches niedriger sind als in den USA, dürften Aktien der langfristige Sieger im Wettlauf zwischen Anleihen und Aktien sein.