Die letzten Jahre war es lange Zeit ruhig, wenn es um das Thema Inflation ging. Insbesondere in Europa wurden die von der Zentralbank angepeilte Teuerungsrate von knapp unter 2 % in den vergangenen Jahren häufig nicht erreicht. Auch in den USA wurde die angestrebte Inflationsrate im Pandemiejahr 2020 deutlich unterschritten. Mit Inflationsraten von über 5 % in den USA und von über 3 % in Europa sowie Kerninflationsraten, also jener Teuerungsrate welche Energie und Lebensmittelkosten exkludiert, von über 4 % in den USA und 1,9 % in Europa, befindet sich das Thema Inflation in den letzten Wochen vermehrt auf der Tagesordnung von Investoren und führte zu einer erkennbaren Sektorenrotation von Growth Titel in Value Titel.
Sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks wird die Inflation von der jeweiligen Zentralbankspitze als temporär angesehen und ein Großteil des Anstieges kann mit Basiseffekten erklärt werden. Jerome Powell, Vorsitzender der US-Notenbank, war jedoch jüngst von dem Ausmaß und der Länge der Effekte überrascht. Betrachtet man die Kerninflation in den USA, ohne der Berücksichtigung der Preisentwicklung von Neu- und Gebrauchtwagen, so lässt sich dennoch erkennen, dass diese Inflationsrate unterhalb des Vor-Corona-Trends liegt. Wirft man einen Blick auf die Inflationsrate in der EU, so wird ersichtlich, dass vor allem die Energiepreise sowie die Umkehr der Mehrwertsteuersenkung in Deutschland für den jüngsten Inflationsanstieg verantwortlich sind.
Ein weiterer Grund für den deutlicher als ursprünglich erwarteten Inflationsanstieg in den USA und in Europa sind die Engpässe bei den Vorprodukten. Diese globalen Engpässe gilt es für die Investoren auch in Zukunft im Auge zu behalten. Ähnliches gilt für die Entwicklung der Energiepreise, welche in den letzten Wochen signifikant angestiegen sind. Darüber hinaus sollten Investoren vermehrt auch die Lohnentwicklung im Auge behalten. Sollten die Lieferengpässe länger als angedacht andauern oder ein signifikanter Lohnanstieg erkennbar sein, kann die Inflation länger auf einem höheren Niveau verharren. Derzeit erwarten die Zentralbanker, dass sich die Inflationsrate im ersten Halbjahr 2022 der angestrebten Zielmarke annähern wird.