Versucht man derzeit, die Verfassung der Weltwirtschaft zu evaluieren, steht man einer Reihe scheinbar widersprüchlicher Indikatoren gegenüber. Die starke Entwicklung der Aktienmärkte sollte dabei nicht als Stimmungsmesser zu Rate gezogen werden.
Das globale Wirtschaftswachstum zeigte sich lange Zeit robuster als es die meisten Experten erwartet hatten. In den USA konnte dies unter anderem auf den Konsum der privaten Haushalte zurückgeführt werden. Diese bauten während der Corona Pandemie massiv Ersparnisse auf, welche nach Aufhebung der Pandemie-Maßnahmen nach und nach wieder abgebaut wurden und dadurch die Wirtschaft stützten. Mittlerweile ist der Berg an Überersparnissen, der zwischenzeitlich über USD 2 Billionen betrug, aufgebraucht. Hinzu kommt, dass das Einkommenswachstum schwächelt – mit einer der wichtigsten Konsumtreiber – und gleichzeitig die Inflationserwartungen steigen. Insgesamt trübt sich nach und nach die Konsumentenstimmung ein. Der Arbeitsmarkt in den USA ist zwar weiterhin auf einem historisch niedrigen Level, jedoch zeigen sich anhand verschiedenster Indikatoren immer mehr Risse.
Die Leitzinsen sowohl in den USA als auch in Europa befinden sich seit längerem bereits auf sehr hohem Niveau (Fed-Leitzins: 5,25 %, EZB-Leitzins: 4,50 %). Während in den USA die Markterwartungen aufgrund der anhaltend höheren Inflation im Jahresverlauf von immer weniger Zinssenkungen ausgehen, scheinen in Europa die ersten Zinssenkungen kurz bevor zu stehen. Dies ist generell positiv für die Aktienmärkte, jedoch darf nicht vergessen werden, warum Zinsen gesenkt werden: weil die Wirtschaft genügend ausgebremst worden ist, um die Inflation wieder auf ein nachhaltiges Niveau zu drücken. Aufgrund dessen ist eine mögliche Rezession noch lange nicht vom Tisch. Anleger sollten daher weiterhin vorsichtig bleiben und allzu große Risiken meiden.