Die Modebranche durchläuft gerade einen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit. Auch hier gewinnen eine menschenwürdige Produktion, überlegte Konsummuster und bestmögliches Recycling immer mehr an Bedeutung. Zahlreiche Start-Ups bieten revolutionäre Lösungen für die aktuell noch bestehenden Unstimmigkeiten und zeigen, dass nachhaltige Mode durchaus realisierbar ist. Welche neuen Ideen es gibt und warum diese sogar in der Finanzwelt von Nutzen sein könnten, erfahren Sie in unserem Blogbeitrag.
Seit der Jahrtausendwende hat der Konsum von Kleidungsstücken rasant zugenommen. Gemäß der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 kauft die durchschnittliche Österreicherin bzw. der durchschnittliche Österreicher jährlich 60 Kleidungsstücke. Das ist mehr als eines pro Woche, und das obwohl eine Person im Durchschnitt bereits 156 Teile im Kleiderschrank hängen hat. Ein bedeutender Grund dafür ist, dass die Kosten von T-Shirt und Co immer weiter sinken. Zahlreiche Teile werden dementsprechend aufgrund mangelnder Qualität oder sich schnell veränderndem Geschmack des Trägers schon kurz nach dem Kauf wieder ausrangiert. Rund 35 Klamotten im Jahr entsorgt jede und jeder von uns, was zu enormen Bergen in Altkleidercontainern und schließlich zu Textilmüll führt.
Genau hier setzt der Gedanke von Circular Fashion, also einer textilen Kreislaufwirtschaft, an. Unsere Kleidung soll nachhaltig gestaltet werden und das über ihren gesamten Lebenszyklus. Dieser beinhaltet neben dem Entwurf und der Materialauswahl auch die Produktion, den Transport und den Verkauf sowie die Nutzung von Kundinnen und Kunden. Zu guter Letzt gehört auch die umweltfreundliche Verwertung des Abfalls zum Lebenszyklus dazu. Alle verwendeten Materialien sollen so lange wie möglich in einem Kreislauf bleiben und wiederverwendet, repariert oder recycelt werden.
Mit dem Ziel das vorherrschende Plastikmüllproblem zu lösen, setzen mehrere Modelabels auf Recyclingfasern aus Plastikflaschen, Verpackungen oder sogar alten Fischernetzen. Um daraus Kleidung herstellen zu können, muss der Plastikmüll zuerst gereinigt, dann zu Schnipseln zerkleinert, eingeschmolzen und anschließend zu Polyesterfasern versponnen werden. Ob diese Vorgehensweise wirklich nachhaltig ist, wird lebhaft diskutiert. Kritische Stimmen halten es nur für einen Versuch der Unternehmen ihren Verkauf anzukurbeln und befürchten noch größere Müllberge, sobald auch die als nachhaltig angepriesenen Kleidungsstücke wieder ausrangiert werden. Zudem sei es schwieriger und kostspieliger diese Ware erneut zu recyceln, da für die Garne in der Regel mehrere Materialien miteinander verbunden werden. Damit sich der Wert der Materialien nicht mindert, sollten die Materialien wieder in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden.
Ein deutsches Start-Up hat zur Lösung dieses Problems ein Konzept entwickelt, bei dem ein QR-Code als Etikett in das Kleidungsstück eingenäht wird. Dieser zeigt Recycling- und Sortierbetrieben genau auf, welche Materialien im Produkt enthalten sind und ermöglicht so sortenreines Recycling. Von diesem Konzept profitieren auch Konsumentinnen und Konsumenten, denn mittels Smartphone-Kamera kann der Code gescannt werden. Die zum Produkt passende Internetseite zeigt unter anderem auf, welche Materialien und Chemikalien bei der Herstellung der Ware verwendet wurden und wo das Kleidungsstück produziert wurde.
Um in der Modeindustrie gar nicht erst umweltschädlichen Müll entstehen zu lassen, tüfteln mehrere Unternehmen an biologisch abbaubaren Materialien. Die Innovationen reichen dabei von Textilfasern aus Seetang, Holz oder Orangen bis zu Bio-Polymer aus dem Abfallgas Methan. Solche Stoffe bieten zudem eine Alternative zur pestizid- und wasserintensiven Baumwolle, welche viele Kleidungsstücke beinhalten.
Auch unsere Euro-Scheine bestehen aus Baumwolle, genauer gesagt aus Kämmmaterial. Das sind die kurzen Fasern die übrig bleiben, wenn Baumwolle zu Garn versponnen wird. Während aktuell rund die Hälfte aller Euro-Banknoten aus nachhaltiger Baumwolle besteht, soll bis zum Jahr 2023 ausschließlich Bio-Baumwolle verwendet werden. Das bedeutet weniger Pestizide sowie eine faire Entlohnung für die Bauern. Da es keine eigenen Regelungen für den Einsatz von Chemikalien bei der Herstellung von Bargeld gibt, hält sich die EU, zur Sicherheit von Mensch und Umwelt, an die Richtlinien zur Spielzeugsicherheit und an die Kosmetikverordnung. Betreffend Recycling der Geldscheine wird momentan noch geforscht, aber vielleicht bietet ja auch die Modeindustrie bald eine verwendbare Innovation für unser Bargeld. Solange die meisten Projekte noch in den Kinderschuhen stecken, wird es am einfachsten sein, die Müllberge der Modebranche durch achtsamen Kleidungskonsum zu reduzieren
NDR (2020): Wegwerfmode: Was passiert mit Altkleidern?
https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Wegwerfmode-Was-passiert-mit-Altkleidern,kleidung170.html [Letzter Zugriff: 29.09.2021]Global 2000: Alte Textilien
https://www.global2000.at/alte-textilien [Letzter Zugriff: 29.09.2021]Aktuelles Europäisches Parlament (2015): Kreislaufwirtschaft: Definition und Vorteile
https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/economy/20151201STO05603/kreislaufwirtschaft-definition-und-vorteile [Letzter Zugriff: 29.09.2021]AOK-Bundesverband GbR (2021): Wie gut ist Kleidung aus recyceltem Plastik?
https://www.aok.de/pk/magazin/nachhaltigkeit/kleidung/kleidung-aus-recyceltem-plastik-nachhaltig-und-gesund/ [Letzter Zugriff: 29.09.2021]Circular.Fashion: circularity.ID
https://circular.fashion/de/software/circularity-id.html [Letzter Zugriff: 29.09.2021]Handelsblatt Business Briefing Nachhaltige Investments, Bergius Susanne (Ausgabe Juni 2021): Ist Bargeld nachhaltig oder nicht?
https://www.handelsblatt.com/specials/sustainable-finance-start/business-briefing-nachhaltige-investments-vom-juni-2021-bbni_06_2021/27262632.html [Letzter Zugriff: 29.09.2021]Titelbild: https://stock.adobe.com/