In Österreich erzeugten Windkraftanlagen im Jahr 2020 rund 7 Milliarden Kilowattstunden Strom. Damit kann ungefähr der Stromverbrauch der Hälfte aller österreichischen Haushalte gedeckt werden. Durch die Nutzung dieser Form von erneuerbarer Energie sparen wir jährlich ca. 3 Millionen Tonnen CO2 ein – das entspricht den Emissionen von 1,2 Millionen Autos! Diese Zahlen klingen vielversprechend, aber hat Windenergie auch nicht bedachte Schattenseiten?
Noch vor etwa 20 Jahren dachten Meteorologen, dass es in Österreich zu wenig Wind für die Stromerzeugung gäbe. Genauere Untersuchungen zeigten aber die außerordentliche Eignung der Hügel des Alpenvorlandes sowie der Ebenen Ostösterreichs. Dementsprechend entstand 1994 die erste Windkraftanlage in unserem Land. Solche an Land aufgestellten Windkraftanlagen werden als Onshore-Anlagen bezeichnet, während Anlagen vor der Küste im Meer Offshore-Windkraftanlagen heißen. Beide sollen zu einer sauberen Umwelt beitragen, bergen aber gleichzeitig unterschiedliche Gefahren für die Lebewesen in ihrer Umgebung.
Erschreckend hoch ist beispielsweise die Anzahl der Vögel, die jährlich von den Rotorblättern der Windräder erschlagen werden. Die Flügelspitzen der Anlagen drehen sich bis zu 200 km/h schnell und werden den Tieren bei der Jagd oder bei schlechten Sichtverhältnissen zum Verhängnis. Des Weiteren meiden viele Vögel Windkraftanlagen bei der Nistplatzsuche, was ihren Lebensraum verkleinert. Neben Vögeln sterben auch viele Fledermäuse, weil der Unterdruck der drehenden Rotoren ihre Blutgefäße zerreißt. Da Fledermäuse nur ein Junges pro Jahr bekommen können, vermehren sie sich dadurch deutlich langsamer.
Vor der Küste weht der Wind besonders zuverlässig, was diesen Standort sehr attraktiv für Windkraftanlagen macht. Dabei beeinträchtigt besonders der Bau der Anlagen die Meeresbewohner. Die Fundamente der Windräder, welche aus bis zu drei Pfeilern bestehen, werden mittels lauter Schläge in den Boden getrieben. Für einen sicheren Stand des Windrads können bis zu 3.000 Schläge pro Pfeiler notwendig sein. Der bei einem Schlag entstehende Lärm entspricht ungefähr der doppelten Lautstärke einer Kreissäge und ist unter Wasser kilometerweit zu hören. Darunter leiden vor allem Seehunde, Robben und Wale, die von dem hohen Schalldruck Gehörschäden davontragen können – und das Gehör dient ihnen zur Kommunikation, Futtersuche und Orientierung.
Doch für alle genannten Probleme gibt es bereits Lösungsvorschläge. Die Windräder könnten zu bestimmten Flugzeiten von Vögeln und Fledermäusen abgestellt werden. Zu den Zeiten in denen Fledermäuse besonders aktiv sind, im Sommer und in der ersten Nachthälfte, wird sowieso verhältnismäßig wenig Strom erzeugt. Auf jeden Fall sollte bei der Planung von Windkraftanlagen der Standort genau analysiert werden. Nur so können beliebte Brutplätze oder Zugrouten von Vögeln gemieden werden.
Eine Möglichkeit zum Schutz besonders lärmempfindlicher Lebewesen im Wasser bieten akustische Signale, die vor Baubeginn ausgesendet werden. Diese verletzen die Tiere nicht, vertreiben sie aber früh genug von der geplanten Baustelle. Zudem kann zur Verringerung von Schallwellen ein sogenannter Blasenschleier verwendet werden. Dabei wird Luft in einen Schlauch voller Löcher gepumpt, die dann in Form eines Schleiers zur Meeresoberfläche aufsteigt und so die Baugeräusche mindert. Mehrere Forscher beobachteten außerdem, dass sich nach Bauschluss zahlreiche Muscheln, Krebse und Fische um die neuen Fundamente ansiedeln. Das künstliche Riff bietet den Lebewesen Ruhe, da in den Gebieten rund um Windkraftanlagen weder Bootsverkehr noch Fischerei gestattet ist. Einem weiteren Ausbau von sauberer Windenergie steht dementsprechend nichts im Wege, sofern einige Vorkehrungen für die betroffenen Lebewesen von Bauunternehmen und Betreibern beachtet werden.
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