Wasserstoff soll eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen. Da die Herstellung von Wasserstoff allerdings energieintensiv ist, hängt die Umweltbilanz des Gases von seiner Herstellungsmethode ab. Wie dabei genau unterschieden wird und welche Zweifel eine neue Studie weckt, zeigen wir Ihnen in diesem Blogbeitrag.
Wasserstoff ist das kleinste und häufigste Element des Universums. In seiner natürlichen Form ist Wasserstoff gasförmig und wird erst bei -253 °C flüssig. Wie sein Name und sein chemisches Symbol „H2“ bereits verraten, ist Wasserstoff auf der Erde vor allem in Wasser (H2O) gebunden. Als Entdecker des Gases gilt Henry Cavendish, der im Jahr 1766 bei einem Experiment zufällig auf die „brennbare Luft“ stieß. Dem Franzosen Antoine Lavoisier gelang es dann 1783 Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zu zerlegen. Damit legte er den Grundstein für die Produktion von Wasserstoff, welcher damals für Ballonfahrten genutzt wurde.
Die Frage, warum Wasserstoff bisher noch keine große Rolle in unserer Energieversorgung spielt, lässt sich leicht beantworten: Die Herstellung des Gases ist aufwendig. Wasserstoff kann nicht einfach irgendwo abgebaut werden, sondern muss zuerst energieintensiv erzeugt werden. Dabei ist Wasserstoff aber nicht gleich Wasserstoff. Je nach Herstellungsverfahren fallen nämlich unterschiedlich viele CO2-Emissionen an. Um zu unterscheiden, wie umweltfreundlich der jeweilige Wasserstoff produziert wurde, wird das Endprodukt nach Farben kategorisiert:
- Grauer Wasserstoff wird mittels Dampfreformierung aus fossilen Brennstoffen (z. B. Erdgas, Kohle) gewonnen. Das dabei entstandene CO2 gelangt in die Atmosphäre.
- Blauer Wasserstoff wird mittels Dampfreformierung aus fossilen Brennstoffen (z. B. Erdgas, Kohle) gewonnen. Jedoch wird das dabei entstandene CO2 in unterirdischen Lagerstätten eingelagert (Carbon Capture and Storage, kurz CCS), wodurch blauer Wasserstoff als CO2-neutral bilanziert werden kann.
- Türkiser Wasserstoff entsteht durch eine thermische Spaltung von Methan. Dabei wird Methan durch Wärme in festen Kohlenstoff und Wasserstoff zerlegt. Erfolgt die Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien, ist türkiser Wasserstoff CO2-neutral.
- Grüner Wasserstoff wird mit Strom aus erneuerbaren Energien im Elektrolyseverfahren erzeugt und gilt somit als CO2-neutral.
In Ölraffinerien, der chemischen Industrie sowie bei der Eisen- und Stahlerzeugung wird Wasserstoff bereits eingesetzt, überwiegend allerdings die klimaschädliche Version mit hohen Emissionen. Das soll sich in Zukunft ändern, denn grüner Wasserstoff könnte im Verkehr und in der Industrie eine elementare Rolle bei der Energiewende spielen.
Dass aber sogar grüner Wasserstoff oft weniger nachhaltig sei als bisher gedacht, schreibt die Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE), im Auftrag des Naturschutzbundes Nabu, in einer neuen Studie. Selbst grüner Wasserstoff erfordere bei der Herstellung viel Strom, wofür wiederum eine große Menge an Rohstoffen für die Elektrolyseure benötigt werde. Zudem sei Wasserstoff als sehr kleines Molekül leicht flüchtig, daher müssten Leckage-Risiken in der gesamten Transportkette berücksichtigt werden.
Zahlreiche Experten sind sich jedoch einig, dass Wasserstoff dennoch eine interessante Möglichkeit für Bereiche darstellt, die sich nicht elektrifizieren lassen bzw. für die es sonst keine bessere Alternative gibt. Der Schriftsteller Jules Verne ließ bereits 1874 in seinem Roman „Die geheimnisvolle Insel“ seiner Fantasie freien Lauf und legte seiner Hauptfigur die folgenden Worte in den Mund: „Ich bin davon überzeugt, meine Freunde, daß das Wasser dereinst als Brennstoff Verwendung findet, daß Wasserstoff und Sauerstoff, seine Bestandteile, zur unerschöpflichen und bezüglich ihrer Intensität ganz ungeahnten Quelle der Wärme und des Lichts werden. […] Ich glaube also, daß man, wenn unsere jetzigen Kohlenschächte einmal erschöpft sein werden, mit Wasser heizen wird. Das Wasser ist die Kohle der Zukunft.“ Inwieweit Jules Verne recht behält, wird sich erst zeigen. Zumindest als temporäre Übergangslösung könnte Wasserstoff in den nächsten Jahren eine wichtige Rolle spielen.
TÜV NORD GROUP (2021): Wasserstoff: Schlüsselelement der Energiewende?
https://www.tuev-nord.de/explore/de/entdeckt/was-ist-wasserstoff-einfach-erklaert/Austria Presse Agentur Science (2020): Der (Wasser-) Stoff, aus dem Träume sind
https://science.apa.at/power-search/13749713320060037792Universität Stuttgart: Wasserstoff
https://www.hi.uni-stuttgart.de/gnt/ausstellungen/zeppelin/3.1_wasserstoff.htmlRedaktionsNetzwerk Deutschland (2022): Wasserstoffwirtschaft: Nabu-Studie weckt Zweifel an Nachhaltigkeit
https://www.rnd.de/wirtschaft/gruener-wasserstoff-nabu-studie-weckt-zweifel-an-nachhaltigkeit-TP4CWF4TP5EIFNREDQDG3NP7F4.htmlBildnachweis: Adobe Stock