Beobachtungsdaten belegen anhand immer schneller steigender Durchschnittstemperaturen eine globale Erderwärmung und häufigere Extremwetterereignisse. Diese erschwerten klimatischen Bedingungen führen zu mehr Ernteausfällen, was das Rohstoffangebot verknappt und die Preise in die Höhe treibt. Müssen wir deshalb in Zukunft mit steigenden Lebensmittelpreisen rechnen?
Die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der regelmäßigen Wetteraufzeichnungen wurden ab dem Jahr 2010 gemessen. Vorläufiger Spitzenreiter der globalen Temperatur ist dabei das Jahr 2023. Durch die Erderwärmung verschieben sich Klimazonen und damit klimatisch geeignete Anbaugebiete für gewisse Pflanzen. Hand in Hand mit den höheren Temperaturen verstärken sich zudem extreme Wetterereignisse. Dürren, Überschwemmungen und Stürme zerstören immer öfter Ernten in der Landwirtschaft.
Die daraus entstehenden Engpässe der Güter wirken sich an den Märkten preistreibend aus, was letztlich auch der Verbraucher zu spüren bekommt. Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zeigt, dass die Erderwärmung die Lebensmittelinflation bis 2035 um bis zu 3,2 Prozentpunkte pro Jahr erhöhen könnte. In der Fachsprache wird dieser Umstand als „Climateflation“ bezeichnet, ein Wortspiel aus „climate“ (dt. Klima) und „inflation“ (dt. Inflation).
An aktuellen Beispielen mangelt es nicht. Wirbelstürme und Pflanzenkrankheiten ließen die Erträge von Orangenbauern drastisch einbrechen. Wassermangel schmälerte die Zuckerernte beim drittwichtigsten Zuckerproduzenten Thailand. Dürren in Spanien und Italien ließen die Produktion von Olivenöl um mehr als die Hälfte sinken – in spanischen Supermärkten ist Olivenöl inzwischen das meistgestohlene Produkt. Durch heftigen Regen aufgekeimte Pflanzenkrankheiten bedrohen den Kakaoanbau in Ghana und der Elfenbeinküste. Starkregen und Hitzewellen reduzieren bereits heute die Kaffeeernte in Südamerika und Afrika, aber bis 2050 könnte sogar die Hälfte der globalen Anbauflächen für Kaffee bedroht sein. Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen und bei allen Rohstoffen sind als Folge teils massive Preiserhöhungen beobachtbar.
Neben höheren Preisen führen Ernteausfälle auch zu einem Mangel in der Versorgungskette. Während eine Knappheit von Kakao, Kaffee, Avocado oder Mango für uns zwar ärgerlich wäre, stellt es ein Luxusproblem dar. In ärmeren Ländern sind die Auswirkungen von Climateflation hingegen weit drastischer, denn sie könnten zukünftig Grundnahrungsmittel gefährden. Die US-Investmentbank Morgan Stanley schätzt rund 40 % der Anbaugebiete von Weizen und Reis sowie ein Drittel der Anbaugebiete von Mais als von Dürre bedroht ein. In Sambia wurde heuer der trockenste Februar seit Jahrzenten verzeichnet, wodurch rund 45 % der Anbauflächen von Mais zerstört wurden. Der Preis von Mais erhöhte sich daraufhin um 76 % im Vergleich zum Vorjahr.
Bei Lösungsvorschlägen zu den Themen Ernteausfälle und Climateflation gehen die Meinungen weit auseinander. Einige Unternehmen, die die Pflanzen weiterverarbeiten, dehnen einfach ihren Lieferantenkreis und die Anbauregionen aus, von denen sie die Rohstoffe beziehen. So versuchen sie sich, zumindest kurzfristig, gegen einen Mangel an benötigten Produkten abzusichern. Andere plädieren für den Einsatz von Gentechnik, um Pflanzen resilienter gegen Trockenheit und Schädlinge zu machen. Wieder andere sehen die Lösung in der Bio- oder der regenerativen Landwirtschaft. Letztere konzentriert sich auf die Gesundheit von Böden und Pflanzen, um die Ertragsresilienz zu steigern und gleichzeitig positive Auswirkungen auf Kohlenstoff- und Wasserkreisläufe sowie die Biodiversität zu schaffen.
Eine schwierige Entscheidung, denn alle genannten Möglichkeiten bieten Vor- und Nachteile. Die zahlreichen Beispiele in unserem Blogbeitrag zeigen auf jeden Fall die Dringlichkeit zu handeln. Wichtig ist dabei auch, mit diesen Lösungsvorschlägen nicht nur die „Symptome“ des Klimawandels zu bekämpfen, sondern mit effizienten Klimaschutzmaßnahmen die Erderwärmung zu verlangsamen.
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